Zur Textkultur der mittelalterlichen Hansestadt

Die mittelalterliche Hansestadt wird von einer facettenreichen Schriftlichkeit geprägt. Ist das Schrifttum des frühen und hohen Mittelalters noch weitgehend lateinisch, entwickelt sich im 13. und 14. Jahrhundert erstmals – den differenzierten kommunikativen Bedürfnissen der hansischen Gesellschaft entsprechend – eine Vielfalt volkssprachlicher Textsorten: In Recht und Verwaltung, in Religion und geistlichem Leben, im kulturellen Leben und im privaten Austausch, im Zuge der Wissensdokumentation und für die Wissensvermittlung werden niederdeutsche Texte mit je eigener Prägung verfasst, die uns die Alltagskultur der Hansestadt farbig vor Augen stellen. Im Vortrag soll – insbesondere anhand der Rostocker Überlieferung – der weite Bogen der Inhalte, Formen und Funktionen zwischen Liebesbrief und Stadtrecht, Kalender und Testament gespannt werden. Den unterschiedlichen Textfunktionen entsprechen spezifische Textmuster, die anhand von Beispielen anschaulich erläutert werden. Auf diese Weise entsteht ein abwechslungsreiches Bild des hansestädtischen Textkosmos.

Ingrid Schröder ist Professorin am Institut für Germanistik der Universität Hamburg und Leiterin der dortigen Abteilung für Niederdeutsche Sprache und Literatur. Sie forscht zu den gegenwärtigen und historischen Sprachstufen des Niederdeutschen. Aktuelle Untersuchungen von Prof. Schröder beschäftigen sich mit dem rezenten Wandel der regionalen Varietäten in Norddeutschland, insbesondere in Hamburg. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten im historischen Bereich zählen unter anderem die Textsorten und die städtische Kommunikation und Textkultur der mittelniederdeutschen Zeit. Zudem leitet sie die Arbeitsstelle des Mittelniederdeutschen Wörterbuches.

In der Zeit vom 15. bis 20. Juli 2019 führt das Institut für Germanistik der Universität Rostock erstmals eine einwöchige Sommerakademie zur mittelniederdeutschen Sprache und Literatur durch, die eine Professionalisierung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Formen der mittelniederdeutschen Schriftlichkeit zum Ziel hat. Schwerpunkt bildet hierbei die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Veranstaltung geht auf eine Initiative des „Verbundes Mittelaltergermanistik Nord“ (MGN) zurück. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus Rostock, aber auch aus Kiel bis Zürich und Oxford bis Dresden. An insgesamt sechs Tagen werden sie sich in sprach- und literaturwissenschaftlicher aber auch in mediengeschichtlicher Perspektive mit mittelniederdeutschen Texten aus den Bereichen Recht und Verwaltung, Glaube und Religion, Geschichte und Politik, Belehrung und Beratung sowie Liebe und Erotik beschäftigen. Inbegriffen sind Besuche in den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Rostock und im Stadtarchiv Rostock sowie Führungen im Kulturhistorischen Museum und zu mittelniederdeutschen Inschriften in der Stadt Rostock. Gefördert wird die Sommerakademie vom Institut für Germanistik der Universität Rostock und vom Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Das Mittelniederdeutsche ist die mittlere Sprachstufe innerhalb der niederdeutschen Sprachgeschichte zwischen dem Altniederdeutschen und dem Neuniederdeutschen. Mittelniederdeutsch wurde von etwa 1200 bis 1650 von Flensburg bis Göttingen und von der Emsmündung bis ins Baltikum geschrieben und gesprochen.

https://www.germanistik.uni-rostock.de/lehrende/professorinnen-und-professoren/prof-dr-andreas-bieberstedt/sommerakademie-mittelniederdeutsch/

Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

Prof. Dr. Andreas Bieberstedt
Institut für Germanistik Philosophische Fakultät (PFH)
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-2550
E-Mail: andreas.bieberstedtuni-rostockde

Organisator

  • Prof. Dr. Andreas Bieberstedt, Institut für Germanistik Philosophische Fakultät

Veranstaltungsort

  • Universitätshauptgebäude, Universitätsplatz 1, 18055 Rostock, Raum 218

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