PREKARITÄT, VERLETZBARKEIT, WIDERSTAND. Interdisziplinäre Ringvorlesung.

In queer-feministischen Diskursen spielt Prekarität eine zentrale Rolle, besonders dann, wenn diese erst, wie derzeit beobachtbar, eine Debatte des öffentlichen Diskurses wird, wenn normativ-männliche Gesellschaftsmitglieder davon betroffen sind. Doch die gegenwärtige Veränderung der Erwerbsarbeitswelt hat nicht nur das Sichtbarwerden und die Verbreitung sozioökonomischer Ungleichheiten zur Folge, sondern bietet gleichzeitig Chancen, diese – und damit auch Gesellschaftsstrukturen (auch auf transnationaler Ebene) – neu zu denken. Unter einer queer-feministischen Perspektivierung von Prekarität bzw. Prekarisierung soll daher verstanden werden, diese einerseits als Herstellungsmechanismus strategischer Verletzbarkeit zu hinterfragen, andererseits dem diesem Prozess innewohnenden Potential der Innovation und des Widerstands einen Resonanzraum zu geben. Ausgehend von Konzepten zur Klassengesellschaft, die sich seit den schwarzen, marxistisch geprägten Feminist*innen wie Audre Lorde und bell hooks in den Diskurs der Identitätsdiskussionen einreihen und sich gleichzeitig radikal von diesem abgrenzen, soll versucht werden, Prekarität zunächst einmal in queer- feministische Gegenwartsdiskurse einzuordnen. Dabei handelt es sich nicht nur um Beschäftigungsverhältnisse, sondern auch, wie Judith Butler 2010 beobachtet, um die damit zusammenhängenden „precarious lives“ – verletzbare Leben. Diese Verletzbarkeit ist Teil der Prekarität und soll hier nicht nur im materiellen Sinne gedacht werden, sondern als genauso wirtschaftliches wie soziokulturelles Phänomen verstanden werden. Auf der einen Seiten haben die gravierenden Veränderungen der Arbeitswelt neue soziale Ungleichheiten zur Folge. Auf der anderen Seite weist die Prekarisierung auf die Entwicklung einer innovativen Zwischenzone uneindeutiger Erwerbsverläufe und Identitätsentwicklungen sowie produktiv verunsicherter soziokultureller Konstruiertheit hin. Ziel der Vorlesungsreihe ist es, diese epistemische Spannung zu ergründen. Die Vorlesung ist interdisziplinär strukturiert und soll die Perspektiven von Wissenschaftler*innen aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie den Kultur-, Sprach- und Literaturwissenschaften zusammenbringen. Dabei geht es nicht nur um die gegenwärtigen Debatten, sondern auch um eine historische Verankerung dieser, um die Darstellbarkeit und Fiktionalisierung und um Perspektiven in die Zukunft.

https://www.uni-rostock.de/universitaet/vielfalt-und-gleichstellung/gender-und-queer-studien/gender-queer-ag/interdisziplinaere-ringvorlesung/wintersemester-201718/

Wintersemester 2017/18, donnerstags, 17-19 Uhr

Christoph Behrens, Dr. Andrea Zittlau

gender.queeruni-rostockde

 

 

 

Organisator

  • Gender / Queer AG & AG Gender-Forschung

Veranstaltungsort

  • Universitätshauptgebäude, Universitätsplatz, Hörsaal 325

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