Fachvortrag "Bildung und Gesellschaft: Nachdenkliches zu einem Jubiläum der Sozialpädagogik"

Vor 100 Jahren, am 09. Juli 1922, beschloss der Deutsche Reichstag als oberstes gesetzgebendes Organ des Deutschen Reiches in den Jahren der Weimarer Republik das so genannte Reichsgesetz zur Jugendwohlfahrt (RJWG). Mit diesem legislativen Akt wurden nicht nur verbindliche juristische Rahmungen für die Wohlfahrtspflege und die Jugendfürsorge formuliert. Vielmehr konnte mit der Gesetzesinitiative erstmals auch Orientierung gegeben werden für einen seither andauernden kontroversen Meinungsbildungsprozess zwischen Akteurinnen und Akteuren der privaten Wohlfahrtspflege, dem Gesundheitswesen, der Bildungs-, Jugend- und Sozialpolitik wie der erst eigentlich in dieser Zeit entstandenen Sozialpädagogik als jenem akademisch-fachwissenschaftlichen Diskursfeld, das seinen disziplinären Kern in der Reflexion und Theoriebildung zum Bereich der Jugendhilfe und im Feld des Kinderschutzes fand.

Der Referent, Michael Winkler, hat spätestens beginnend mit seiner Habilitationsschrift Eine Theorie der Sozialpädagogik von 1988, dann als Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik an der Jenaer Universität, schließlich als angesehener Experte in zahllosen Gremien im Schnittfeld von Wissenschaft, Bildungs- und Sozialpolitik diese Debatte über fast ein halbes Jahrhundert hinweg kritisch begleitet und selbst vielfach bemerkenswerte Impulse dabei gesetzt.

Dies soll Anlass geben für einen sowohl fachlich geleiteten wie auch persönlich retrospektiven Blick eines Zeitzeugen auf das Jubiläum des benannten Centenniums – wie auf die bis in die Gegenwart hinein kontrovers diskutierten Fragen sozialpädagogischer Reflexion und Theoriebildung.

Dazu Michael Winkler:
Man könnte fast von einer Gedenkveranstaltung sprechen: Die Sozialpädagogik feiert ein wichtiges Jubiläum – nur merkt keine, merkt keiner das so richtig. Ausgehend von einem Jahrhundertereignis für die Sozialpädagogik erinnert der Vortrag an dieses und stellt einige historische Zusammenhänge dar, die bis heute relevant sind. In einem zweiten Teil, daran anknüpfend, präsentiert der Beitrag an mehreren Texten den damals entstandenen Diskurs der Sozialpädagogik, um endlich einige theoretische Figuren zu erörtern, die für die Sozialpädagogik als Moment ihrer Berufsfachlichkeit und ihrer disziplinären Beobachtung seit hundert Jahren konstitutiv sind; aber ebenfalls vergessen.
Über dieses Vergessen sollte man vielleicht nachdenken. Was es bedeutet, was mit ihm verloren gegangen ist.

Doerthe Hansen
doerthe.hansenuni-rostockde

Organisator

  • Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Historische Wissenschaftsforschung am Institut für Allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik

Veranstaltungsort

  • Universitätshauptgebäude – Hörsaal 218

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