Zwei Rostocker Wissenschaftler erhalten Preis von der Forschungsstiftung Ostsee

Die Preisträger Dr. Patrick Unger (l.) und Sebastian Böckmann im FORUM MEERESMUSEUM in Stralsund. – Dahinter ein Sternrochen im Großformat aus der Sonderausstellung INSIGHTFISH, die noch bis Ende Oktober zu sehen ist (Copyright: Deutsches Meeresmuseum).

Dr. Patrick Fabian Unger und Meeresbiologe Sebastian Böckmann, zwei junge Wissenschaftler von der Universität Rostock, haben für ihre Dissertationsschrift bzw. Masterarbeit von der Forschungsstiftung Ostsee einen Preis erhalten.

Der Rostocker Biologe Dr. Patrick Fabian Unger befasste sich in seiner Dissertation, die mit magna cum laude bewertet wurde, mit der Parasitenfauna von vier Fischarten: Meerforelle, Hornhecht, Regenbogenforelle und Hering. Ein wichtiger Teil seiner Arbeit war der erstmalige Nachweis von Parasiten, beispielsweise bei der Regenbogenforelle, die vor Rostock in Aquakultur gezüchtet wird. Der junge Forscher hat die Parasitengemeinschaften artübergreifend charakterisiert und Aussagen über die Ökologie der Gemeinschaft der Fische in der Ostsee getroffen. Dabei hat er herausgefunden, dass die Parasitenfauna die Herkunft der Fische am besten beschreiben kann, denn in der Ostsee leben sowohl Süßwasser- als auch Salzwasserfische mit jeweils charakteristischen Parasitenarten. „Das ist durch ihre unterschiedliche Lebensweise und Ökologie begründet“, sagt Patrick Unger. Er ist 2010 mit seinem damaligen Diplomvater Professor Harry Palm von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf an die Universität Rostock gekommen und hat an der Universität Rostock den Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-Ranching mit aufgebaut.

Die Fische würden sich unterschiedlich verhalten, sagt Unger. Der Hornhecht beispielsweise kommt zum Laichen an die Küsten der Ostsee und bringt dabei die Parasiten von seinen Fraßgründen, die sich in den Gewässern Dänemarks (Kattegat und Skagerak) bzw. in der Nordsee befinden, mit. Für den Hornhecht hat Patrick Unger erstmalig einen Parasiten in den Kiemen (Axine belones) nachgewiesen. Bislang sei der nur in der Nordsee und im Mittelmeer bei Fischen vorgekommen. In Hornhecht, Meerforelle und Hering wurde zudem der Fadenwurm Anisakis simplex nachgewiesen. Der Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fisch, der mit Anisakis infiziert ist, kann für den Menschen problematisch sein. Dieser Parasit verursacht die sogenannte Anisakiasis, welche mit starken Magenschmerzen, Übelkeit und Entzündungsreaktionen einhergeht.

Patrick Unger gelang es, die bislang in der Ostsee unbekannten Fischparasiten als Bioindikatoren auszuweisen. Insgesamt hat der Rostocker Forscher bei den vier Fischarten 23 Parasitenarten bestimmt. Auf Basis der bekannten Parasitenfauna der Fische im deutschen Ostseegebiet hat Unger mit Hilfe der Literatur die Verbundgemeinschaft von Parasiten und deren Wirten in der deutschen Ostsee herauskristallisiert. Diese besteht aus 44 Fischarten mit 161 Parasitenarten (derzeitiger Literaturstand). Mit diesem Datensatz hat der 33-Jährige eine Verwandtschafts-Analyse durchgeführt, um mögliche Charakteristika der Parasitengemeinschaft zu detektieren. Getestet wurden solche Faktoren wie Habitat, Nahrungs-Spektrum der Fische, ihre systematische Einordnung (Taxonomie) und ihre Herkunft (Salz- oder Süßwasserfische). „Wir konnten zeigen, dass Süßwasserfische in der Ostsee eine von Grund auf verschiedene Parasitenfauna aufweisen als ebenfalls vorkommende klassische Salzwasserfischarten“, sagt Patrick Unger.

Meeresbiologe Sebastian Böckmann hat in seiner Masterarbeit die Verwandtschaftsbeziehungen einer Wasserfloh-Art (Evadne nordmanni), die sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee vorkommt, aufgeklärt. „Alles Leben in der Wassersäule und zum Teil auch am Meeresboden, ist auf die Kleinstalgen des sogenannten Phytoplanktons angewiesen“, sagt der 28-Jährige, der in Rostock Meeresbiologie studierte und mit seiner Masterarbeit für Aufhorchen in der Fachwelt sorgt.

Die Forschungsergebnisse des jungen Meeresbiologen, der jetzt am Alfred-Wegner-Institut in Bremerhaven an seiner Promotion arbeitet, legen nahe, dass es in der Ostsee eine Gruppe von Wasserflöhen gibt, die nur dort vorkommt. „Es gibt eine große, verwandtschaftliche Ähnlichkeit zwischen den Tieren der Nord- und Ostsee, aber dennoch lässt sich eine Untergruppe von Tieren klar der Ostsee zuordnen“, hat Böckmann herausgefunden. „Dieses Ergebnis hatten wir nicht erwartet und haben Schwierigkeiten, es zu erklären“. Das liege in erster Linie daran, dass die Zeit für eine genetische Abspaltung dieser Gruppe, entsprechend der geologisch sehr kurzen Geschichte der Ostsee viel zu kurz war, sagt der junge Forscher. Auch bestehe zwischen Nordsee und Ostsee ein, aus genetischer Sicht, recht großer Austausch, der der Evolution einer eigenen Ostseepopulation entgegenwirken sollte. Die Ostsee weist von Südwest nach Nordost sehr stark abfallende Salzgehalte auf. „Wir haben herausgefunden, dass die besagte Ostsee-spezifische Gruppe bei Salinitäten zwischen 7 und 10 besonders stark vertreten zu sein scheint“.

Vermessungen von über 200 Tieren ergaben außerdem, dass in diesem Salinitätsbereich auch die Körperform der Tiere signifikant anders ist als bei niedrigerem oder viel höherem Salzgehalt. „Diese Erkenntnis ist faszinierend, da wir in unseren Ausgangshypothesen nie daran gedacht hätten, solch ein Ergebnis nachweisen zu können“, so der Wissenschaftler. „Die neuen Forschungsergebnisse werfen ein spannendes Licht auf die Evolution und die Besiedelungsgeschichte des Ostseeraumes.“ So würdigt der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates der Forschungsstiftung Ostsee, Privatdozent Dr. Andreas Bick, die Ergebnisse der beiden jungen Forscher, „als wissenschaftlich sehr wertvoll“.

Die Forschungsstiftung Ostsee fördert die universelle Erforschung der Flora und Fauna der Ostsee, der angrenzenden Gewässer und Küstenlebensräume sowie die Erforschung der Folgen durch die zunehmende wirtschaftliche Nutzung auf die marine Umwelt. Dazu setzt sie auch wissenschaftliche Projekte in Gang, die die menschlichen Einflüsse auf die Ökosysteme der Ostsee untersuchen und Wege aufzeigen, negative Folgen zu verhindern bzw. durch geeignete Maßnahmen auszugleichen oder zu mindern. Text: Wolfgang Thiel

Weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.deutsches-meeresmuseum.de/forschungsstiftung-ostsee/unsere-foerderung/ 

Kontakte:
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Deutsches Meeresmuseum Museum für Meereskunde und Fischerei - Aquarium
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karin.hellmeier(at)meeresmuseum(dot)de
https://www.deutsches-meeresmuseum.de 

Dr. Patrick Unger
Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-Ranching
Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät (AUF)
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-3733
patrick.unger(at)uni-rostock(dot)de
https://www.auf.uni-rostock.de/professuren/a-g/aquakultur-und-sea-ranching/ 

Sebastian Böckmann
EcoTrace - Rolle von Spurenmetallen auf die Ökologie von antarktischem Phytoplankton
Marine Biogeowissenschaften
Alfred-Wegner-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) Bremerhaven
Tel.: +49 471 4831-2001
sebastian.boeckmann(at)awi(dot)de
https://www.awi.de/forschung/nachwuchsgruppen/ecotrace.html 


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