Geflüchtete in Deutschland bewerten ihre Gesundheit schlechter als in Österreich

Ob Geflüchtete in Deutschland oder Österreich leben, hat deutlichen Einfluss darauf, wie gut sie ihre eigene Gesundheit bewerten. Zu diesem Ergebnis ist das internationale Forschungsteam gekommen. Das Team wertete Daten von knapp 3.200 18- bis 59-jährigen Geflüchteten aus Syrien, dem Irak und Afghanistan aus, die zwischen 2013 und 2016 nach Österreich bzw. Deutschland kamen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gesundheitsbeurteilung der Geflüchteten in Deutschland und Österreich von ähnlichen Faktoren abhängt, jedoch die Befragten in Deutschland ihre Gesundheit signifikant seltener als gut oder sehr gut bewerten. Dies könnte unter anderem darin begründet sein, dass Geflüchtete in Deutschland – im Gegensatz zu Österreich – zumeist einen eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen haben.

Analysiert wurden die Daten des deutschen „Sozioökonomischen Panels“ und des österreichischen „Refugee Health and Integration Survey“, die jeweils mit zu den ersten nationalen Befragungen von Geflüchteten zählen. Es zeigt sich, dass Geflüchtete in Deutschland zu 72% ihre Gesundheit als gut oder sehr gut bewerten – in Österreich beträgt dieser Anteil 89%. Strukturelle Unterschiede der befragten Geflüchteten über die beiden Aufnahmeländer (in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunftsland, Bildungsniveau und Partnerschaftsstatus) erklären nur einen kleinen Anteil der Abweichung. Selbst wenn diese statistisch berücksichtigt werden, haben Geflüchtete in Deutschland eine um 12 Prozentpunkte niedrigere Wahrscheinlichkeit, sich selbst eine (sehr) gute Gesundheit zu attestieren. Unterschiede in den Zugangsmöglichkeiten zu Gesundheitsleistungen der Geflüchteten in Deutschland und Österreich könnten nach Auffassung des Forscherteams dafür ausschlaggebend sein. Während Geflüchtete in Deutschland in ihrem laufenden Asylverfahren für bis zu 15 Monate nur eine Grundversorgung erhalten, haben Geflüchtete in Österreich unvermittelt den vollen Zugang. Weitere Erklärungsansätze für den Länderunterschied umfassen einerseits unterschiedliche gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Werthaltungen und Integrationsmöglichkeiten, könnten andererseits womöglich aber auch darauf zurückzuführen sein, dass unbeobachtete strukturelle Unterschiede zwischen den Geflüchteten in Deutschland und Österreich, beispielweise hinsichtlich ihrer Migrationserfahrung, bestehen.

Neben diesem Unterschied über die beiden Aufnahmeländer haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie ermittelt, dass die Gesundheitsbeurteilung unter Geflüchteten teilweise ähnlichen Faktoren unterliegt wie unter Nicht-Migranten. Eine schlechtere Gesundheit attestieren sich ältere Geflüchtete und Geflüchtete mit einem niedrigen Bildungsniveau. Zusätzlich zeigt sich, dass auch das Herkunftsland – insbesondere Geflüchtete aus Afghanistan bewerten ihre Gesundheit eher als nicht gut – mit Gesundheitsunterschieden assoziiert ist. 

Diese im Journal „PLoS ONE“ veröffentlichten Ergebnisse verdeutlichen den Stellenwert (gesundheits-)politischer Regularien auf die Gesundheit von Geflüchteten. Weiterhin zeigen sie jedoch, dass Konzepte zur Förderung und Erhaltung der Gesundheit bei Geflüchteten neben etablierten Maßnahmen auch zielgruppenspezifische Maßnahmen, die z.B. die gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten aus spezifischen Herkunftsregionen wie Afghanistan fördern, umfassen sollten.

Publikation: Georges D, Buber-Ennser I, Rengs B, Kohlenberger J, Doblhammer G (2021) Health determinants among refugees in Austria and Germany: A propensity-matched comparative study for Syrian, Afghan, and Iraqi refugees. PLOS ONE 16(4): e0250821. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0250821

Kontakt:
Daniela Georges
Universität Rostock
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Institut für Soziologie und Demographie
Tel.: + 49 381 498-4391
daniela.georgesuni-rostockde


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