Fehlende Sichtbarkeit verhindert breite Nutzung nachhaltiger Tourismusangebote

Unter einem nachhaltigen Tourismus wird ein Tourismus verstanden, der ökologische, aber auch wirtschaftliche und soziale Auswirkungen berücksichtigt und dabei auf die Bedürfnisse der Umwelt, der Gemeinde, der Besucherinnen und Besucher sowie der Industrie Rücksicht nimmt. Das kann zum Beispiel einen sparsamen Umgang mit Ressourcen bedeuten oder die Nutzung regionaler Lebensmittel und Produkte, aber auch die Förderung des qualitativen und substanziellen Wachstums. Ebenfalls die Sicherung und Verbesserung fairer Arbeitsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Diversität und Inklusion stellen wichtige Beispiele eines sozial nachhaltigen Tourismus dar.

Das Team um Professor Christian Brock und Dr. Maxi Bergel vom Rostocker Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (ABWL: Marketing) führte zwischen April und November 2021 mit 40 Teilnehmenden – Touristinnen und Touristen sowie Expertinnen und Experten der Branche – eine Interviewstudie zur Nutzung von nachhaltigen Tourismusangeboten durch. Die Auswertung der Befragung ergab, dass die verhaltene Nutzung von nachhaltigem Tourismus auf eine fehlende Sichtbarkeit und Vernetzung der Angebote zurückzuführen ist. Nicht das Fehlen nachhaltiger Angebote sei das Problem, sondern die fehlende Kommunikation der Verfügbarkeit und Identifikation dieser. Zudem bestätigten die Ergebnisse der Studie erneut, dass sich das Verhalten von Reisenden im Urlaub von dem zu Hause unterscheidet, da es auf Reisen ein anderes Bedürfnisverständnis als im Alltag gebe. Der hedonistische Kontext des Urlaubes sorge dafür, dass Einschränkungen für mehr Nachhaltigkeit noch weniger akzeptiert werden als im täglichen Leben. Auch wer daheim streng Müll trenne und Strom spare, lasse sich in dieser Hinsicht auf Reisen gerne „gehen“.

Das Team, das gemeinsam mit der Online Marketing-Agentur LUPCOM arbeitet, befürwortet daher die Einrichtung einer übergreifenden Such- und Buchungsplattform oder mobilen App, die Nachhaltigkeitsinformationen zu Produkten einfach und transparent darstellt. Dadurch soll den Konsumentinnen und Konsumenten die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Dienstleistung erleichtert werden. Denkbar wäre beispielsweise ein Sternesystem mit verschiedenen Kategorien zur Orientierung. Auch international einheitliche Label und Zertifikate könnten dabei helfen, nachhaltige Tourismusangebote besser zu identifizieren.

Maxi Bergel und Christian Brock konnten zeigen, dass die Transparenz der Informationen ebenfalls entscheidend ist, um Kundinnen und Kunden den Entscheidungsprozess zu erleichtern. Verantwortlich dafür seien insbesondere Reisebüros und Expertinnen sowie Experten, die den Mehrwert nachhaltiger Reiseentscheidungen an die Kundinnen und Kunden zielgruppengerecht, emotional und glaubwürdig vermitteln. Das Forscherteam stellt heraus, dass es sich für die Tourismusbranche lohne, Nachhaltigkeit als Alleinstellungsmerkmal für sich zu entdecken und konsequent zu vermarkten. Die Digitalisierung biete hier viele Möglichkeiten, die Zielgruppen direkt anzusprechen und Informationen zur Nachhaltigkeit zu kommunizieren.

Kontakt:
Dr. Maxi Bergel
Universität Rostock
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für ABWL: Marketing
Tel.: +49 381 498-4373
maxi.bergeluni-rostockde
www.bwl.uni-rostock.de/marketing


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