Aufbruch in die große Welt der Forschung: Junges Chemiker-Team aus Rostock aktiv an Großforschungseinrichtung in England

Ziel der Forschungsreise von Johanna Busch und Sebastian Fritsch ist die ISIS Neutronen- und Myonenquelle, ein weltweit führendes Forschungszentrum in der Nähe von Oxford in England. Mit der zur Verfügung stehenden Neutronen-Quelle können die Eigenschaften von Materialien auf atomarer Ebene untersucht werden. Jährlich nutzen etwa 2.000 Wissenschaftler aus der ganzen Welt insgesamt 32 Instrumente, um die Forschung in verschiedenen Disziplinen voranzutreiben, jetzt auch Johanna Busch und Sebastian Fritsch von der Universität Rostock.

Das junge Rostocker Forscherteam wird sich mit Ladungsdefekten bei der Clusterbildung in ionischen Flüssigkeiten beschäftigen. Um den Einfluss dieser Defekte auf die Eigenschaften der flüssigen Salze zu verstehen, plant das Team Neutronenstreu-Experimente an der Großforschungseinrichtung ISIS, die der Arbeitsgruppe von Professor Ralf Ludwig aus der Physikalischen Chemie der Universität Rostock bewilligt wurden. Die 24-jährige gebürtige Jenaerin Johanna verhehlt ihre Aufregung nicht: Sie sei sehr gespannt auf das Land, wie sie sagt, und voller Vorfreude auf die Arbeit mit der neuen Technik in der Großforschungsanlage. Auch der 22-jährige Sebastian, der aus Wittenberge zum Studieren an die Universität Rostock kam, ist neugierig auf die Forschungseinrichtung, die Wissenschaftler aus aller Welt anzieht. Beide haben wegen der sprachlichen Verständigung keine Sorgen. „Im Studium läuft vieles auf Englisch“, sagen sie unisono, „außerdem haben wir bereits an internationalen wissenschaftlichen Konferenzen teilgenommen“. Es wird eine tolle Erfahrung sein, an einer Neutronen-Quelle zur Bestimmung der Struktur von Materie zu arbeiten; „und das schon vor der Promotion“, freut sich Johanna.

Genau das möchte Rektor Professor Wolfgang Schareck mit dem HERMES-Programm fördern: „Interaktion mit internationalen Partnern“. Die Nachwuchsförderung ist ihm ein wichtiges Anliegen und „HERMES“ an der Universität Rostock ist dazu ein wichtiger Baustein.

„Ich bin begeistert, dass sich unsere Masterstudenten auf den Weg in die Welt machen, um das Portfolio unserer Ideen und Methoden zu erweitern“, freut sich Professor Ralf Ludwig über das Engagement seiner Schützlinge. Für die intensiven Untersuchungen der ionischen Flüssigkeiten, die weltweit in der Forschung eine immer größere Rolle spielen, wurde der Arbeitsgruppe Ludwig vor kurzem ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt. Seitdem strecken die Rostocker ihre Fühler in die ganze Welt aus. Zu den Kooperationspartnern gehören Wissenschaftler aus Nowosibirsk, Madison, Houston, Dallas, New Haven und Perth.

Die beiden Rostocker Masterstudenten haben bereits mit ihren Bachelor-Arbeiten bewiesen, dass sie das Thema tief durchdrungen und verinnerlicht haben. „Das HERMES-Programm für Johanna und Sebastian ist eine tolle Auszeichnung für ihre bisherigen Forschungsaktivitäten und zugleich eine enorme Herausforderung für die Masterstudierenden“, betont Ludwig. Sie trauen sich zu, ihre molekulardynamischen Simulationen durch komplexe Experimente an einer internationalen Großforschungseinrichtung zu ergänzen. Der Posterpreis bei der Konferenz der europäischen und japanischen Flüssigkeitsforscher (EMLG/JMLG) in Kutna Horà (Tschechische Republik) hat Johanna Busch erst kürzlich für ihre große Forschungsreise zusätzlich motiviert. Die Befragung durch Professoren während der Postersitzung hat sie mit Bravour bestanden.  

„Neutronen stehen uns in Rostock nicht für Experimente zur Verfügung und wir sind deshalb auf solche Quellen angewiesen“, erklärt Professor Ralf Ludwig. Ermöglicht wurde der Zugang zur ISIS Neutronen- und Myonenquelle durch eine erfolgreiche Kooperation mit einer australischen Forschergruppe. Gemeinsam mit dem Team von Professor Rob Atkin in Perth konnten die Rostocker jüngst die ersten Ergebnisse in der renommierten Zeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlichen. Diese Arbeiten waren der Türöffner für eigenständige Forschungsprojekte an ISIS, zu denen Johanna Busch und Sebastian Fritsch nun aufbrechen. Betreuer des Instruments SANDALS nehmen die jungen Wissenschaftler vier Monate lang unter ihre Fittiche. In dieser aufregenden Zeit werden sie in die Messmethode eingeführt und mit den Werkzeugen für die Auswertung der Methode vertraut gemacht.

Die Messdaten werden anschließend an der Heimatuniversität ausgewertet und durch molekulardynamische Simulationen unterstützt. Damit schließt sich der Reigen, der mit der Synthese der ionischen Flüssigkeiten in Rostock einmal begann.

Johanna Busch und Sebastian Fritsch hoffen, dass der Brexit keinen negativen Einfluss auf diese internationalen Forschungskooperationen haben wird. Denn: Weder die ionischen Flüssigkeiten noch die Neutronen gehören einer Nation. Text: Wolfgang Thiel

Bildunterschrift: Die Master-Studierenden Johanna Busch und Sebastian Fritsch von der Universität Rostock forschen vier Monate in Großbritannien an einem weltweit führenden Zentrum. (Foto: Universität Rostock/Thomas Rahr).

Kontakt:
Prof. Dr. Ralf Ludwig
Universität Rostock
Institut für Chemie
Tel.: +49 381 498-6517
Fax: +49 381 498-6524
www.ludwig.chemie.uni-rostock.de


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