Auf der Suche nach Tasmaniens Berggarnelen

Höhlenform der Berggarnele. (Foto: Martin Ramirez)
Vorbereitung zum Tauchgang. Christoph Höpel, Marian Reinhardt, Shane Ahyong (v. r.). (Foto: Stefan Richter)
Auf Krebsfang in der MyCave-Höhle. Prof. Richter (3. v. r.) und Team. (Foto: Christoph Höpel)

Wer an lohnenswerte Ziele für eine zoologische Forschungsexpedition nach Tasmanien, eine Insel 240 km südlich vom australischen Festland, denkt, dem fallen vermutlich zuerst die eierlegenden Säugetiere, Schnabeltier und Schnabeligel, oder die Beuteltiere Wombat und Tasmanischer Teufel ein, wobei nur der „Teufel“ tatsächlich auf Tasmanien beschränkt ist; oder aber der seit knapp 100 Jahren ausgestorbene „Tasmanische Tiger“ oder auch Beutelwolf, der immer mal wieder in den unzugänglichen Wäldern Tasmaniens gesichtet worden sein soll.

Dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft aber eine Expedition zum Fang von tasmanischen „Berggarnelen“ finanziert, bedarf einer besonderen Erklärung. In Tasmanien sind die „Mountain Shrimps“ und ihre Verwandten allerdings allseits bekannt, für tasmanische Zoologen sind sie „iconic“, was man wohl mit „Kult“ übersetzen muss. Auch den Laien sind sie bekannt, sogar den wissenschaftlichen Namen Anaspides kennen viele.

Mit Garnelen haben diese Tiere zunächst einmal gar nichts zu tun. Die Verwandtschaftsgruppe der Anaspidacea sind „lebende Fossilien“, seit der Trias wenig verändert, und stehen ziemlich isoliert im System der Höheren Krebse; die nächsten Verwandten sind vielleicht der Krill und die Ranzenkrebse wie Asseln und Flohkrebse.

Die heutigen Berggarnelen (Anaspides spp.) sind auf Tasmanien beschränkt. Bis vor kurzem waren nur zwei Arten beschrieben, eine Art in Bergbächen, kleinen Bergseen und einigen Höhlengewässern, eine Art in einem der schönsten und tiefsten Seen Tasmaniens, dem Lake St. Clair. Der australische Krebstierspezialist, Dr. Shane Ahyong vom Australian Museum in Sydney hatte jedoch im letzten Jahr zeigen können, dass es mindestens sieben Arten sind, die sich früher unter dem Namen Anaspides tasmaniae verborgen hatten.

Eine kleine Gruppe der Universität Rostock, der Zoologieprofessor Stefan Richter und zwei Studierende des Studienganges „Integrative Zoologie“, Christoph Höpel und Marian Reinhardt, beide zugleich an der Uni Rostock ausgebildete Forschungstaucher, waren nun im vergangenen März, zusammen mit Dr. Ahyong unterwegs, die verschiedenen Berggarnelenarten aufzuspüren. Mit Hilfe molekularsystematischer Untersuchungen sollen nicht nur die bisherigen Befunde unterstützt werden, sondern auch noch weitere kryptische, d. h. morphologisch nur schwer unterscheidbare, Arten entdeckt werden. Neben dem Tauchen in Seen galt es, auch in verschiedenen Höhlensystemen zu sammeln. Hierbei waren lokale Hobby-Höhlenforscher von großer Hilfe.

Tasmanische Berggarnelen zeigen ein merkwürdiges Verbreitungsmuster: die Arten mit Habitaten an der Oberfläche sind auf die höheren Lagen, ab 800m, beschränkt, während Arten (und Höhlenformen von Oberflächenarten) in den Höhlen auch im Flachland vorhanden sind. Vermutlich ist diese Verbreitung Resultat der Vergletscherung in den letzten Eiszeiten, aber auch die eingeführten Forellen spielen sicher eine Rolle. Ganz klar ist das aber noch nicht. Erste molekularsystematische Resultate deuten aber auf jeden Fall darauf hin, dass die verschiedenen Höhlensysteme mehrfach unabhängig von den Berggarnelen besiedelt wurden. Auch äußerlich unterscheiden sich Höhlen- und Oberflächenformen, den Höhlenformen fehlt weitgehend eine Pigmentierung und die Augen sind unterschiedlich stark reduziert. Inwieweit es auch Unterschiede im Gehirnaufbau gibt, ist nun Ziel einer Masterarbeit. Künftig soll unter Verwendung sogenannter molekularer Uhren auch eine Datierung der Einwanderung und damit ein Test der Eiszeithypothese vorgenommen werden.

Auch die Tauchgänge der beiden Forschungstaucher haben schon erste Resultate zur Folge. Die zu den Berggarnelen nahe Verwandte Paranaspides aus den Seen des Zentralplateaus stellt tatsächlich zwei Arten dar, streng getrennt auf die dortigen Seen aufgeteilt - morphologisch war das von Dr. Ahyong schon vermutet worden, doch haben nun die Untersuchungen der Uni Rostock hier einen endgültigen Beweis geliefert. Eine gemeinsame Publikation ist bereits im Druck.

Prof. Richter wird am Mittwoch, 7. Juni 2017 um 17:00 Uhr über die Forschungsreise und die ersten Ergebnisse berichten. (Hörsaal 323, Universitätshauptgebäude, Universitätsplatz 1).

 

Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Richter
Universität Rostock
Allgemeine & Spezielle Zoologie
Institut für Biowissenschaften
Tel: ++49(0)381 498 6260
Fax. ++49(0)381 498 6262
stefan.richteruni-rostockde
http://www.zoologie.uni-rostock.de/

 


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