Eine Grundvoraussetzung für autonomes Handeln stellte hierbei die hochgenaue und zuverlässige Positionsbestimmung und Navigation dar, wobei die Forscher auch auf das neue europäische Satellitennavigationssystem „Galileo“ zurückgriffen. Damit berechnete, aktuelle Informationen über Position, Geschwindigkeit und Orientierung erlaubten eine Vorhersage darüber, wie sich die Schiffe in den nächsten Sekunden und Minuten weiter bewegen würden. Mit diesem Wissen konnten optimale Handlungsvorschläge für alle Schiffe, beispielsweise in einem Hafen, in einem kooperativen Sinn ermittelt werden. Hierzu zählte auch die Weiterentwicklung bestehender Manöverassistenzsysteme. Zusätzlich wurden Schiffsregelungssysteme an Bord erstellt, die robust gegenüber sich ändernden Umweltbedingungen und Einflüssen sind. Zur Datenübertragung zwischen allen Verkehrsträgern wurden sichere und permanent verfügbare Kommunikationswege geschaffen. Für den Nahbereich wurden im Projekt außerdem Sensoren im Sinne einer Nahfelderkennung kombiniert.
Erst mit der genauen und zuverlässigen Bestimmung von Position, Geschwindigkeit und Orientierung ist der Grundstein für ein vernetztes, automatisiertes System gelegt. „Besonderes Alleinstellungsmerkmal in GALILEOnautic ist die Vernetzung und zentrale Koordination aller beteiligten maritimen Fahrzeuge. Auch wenn ein Teilnehmer nicht vernetzt ist, kann das System adäquat reagieren“, erklärt Dr. René Zweigel von der RWTH Aachen, Koordinator des Projekts. „Dadurch ist es möglich, Automatisierung auch bei Mischverkehr mit autonomen und nicht-autonomen Systemen umzusetzen. Nur so kann eine Automatisierung Schritt für Schritt gelingen.“
In seinem Grußwort betont Professor Wiegand-Hoffmeister, Rektor der Hochschule Wismar, auch im Namen seines Amtskollegen an der Universität Rostock, Rektor Professor Wolfgang Schareck, die Wichtigkeit einer allumfassenden Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und Politik: „Das Rostocker Umfeld mit seinem Hafen, der sehr guten Infrastrukturanbindung und der Nähe zur Hochschule Wismar und der Universität Rostock ermöglichen zukünftige Schritte in Richtung autonome Schifffahrt. Hier können und wollen wir eine Vorreiterrolle einnehmen“. Er ergänzt: „Die in Rostock verfügbare Forschungsinfrastruktur bietet ideale Bedingungen, um die technischen Voraussetzungen einer zukünftigen autonomen Schifffahrt im Verbund mit allen beteiligten Partnern zu entwickeln“.
Auf dem Traditionsschiff Typ Frieden des Schiffbau- und Schifffahrtsmuseums im IGA Park Rostock fand die Abschlusspräsentation statt. Unmittelbar hinter dem Traditionsschiff, auf der Unterwarnow gegenüber dem Seehafen, wurden anhand von unterschiedlichen Testszenarien mit autonomen Wasserfahrzeugen die Potentiale des entwickelten, autonomen Systems demonstriert. Zwei Schiffe waren vernetzt und agierten kooperativ. Ein drittes, nicht-vernetztes bemanntes Schlauchboot störte die beiden autonomen Fahrzeuge. Sie wichen autonom sowohl untereinander als auch dem störenden Fahrzeug unter Beachtung der geltenden Kollisionsverhütungsregelung und ihrem eigentlichen Fahrziel aus. In einem zweiten Szenario wurde das Potential eines Nahfelderkennungssystem gezeigt, das einen Kai bei paralleler Vorbeifahrt der unbemannten Wasserfahrzeuge exakt lokalisieren kann.
Zum dritten und letzten Szenario in Warenmünde erfolgte der Transfer zahlreicher Teilnehmer der Abschlussdemonstration mit einem Fährschiff direkt vom IGA Park Rostock aus. So konnten die deutschlandweit angereisten Teilnehmer die Mobilität auf dem Wasser live erleben. „Die rasante Entwicklung der Automatisierung wird zukünftig weitere Verkehrsträger im maritimen Bereich einschließen“, erläutert Professor Torsten Jeinsch.
Zum Abschluss der Präsentation wurde im Maritimen Simulationszentrum Warnemünde (MSCW) des Bereiches Seefahrt der Hochschule Wismar gezeigt, wie vernetzte Kooperation von Schiffen in sicherheitskritischen Bereichen simuliert werden kann. In der simulierten Fahrrinne zum Hafen Rostock begegnen sich zwei Fährschiffe mit jeweils einer Länge von 200 m. Die Simulation demonstrierte, wie die Schiffe gemäß den nationalen Kollisionsverhütungsregeln in der engen Fahrrinne einander ausweichen ohne sich zu behindern.
Im Projekt GALILEOnautics entwickeln die RWTH Aachen, die Universität Bremen, die Universität Rostock, die Hochschule Wismar und das IT-Unternehmen SCISYS Deutschland GmbH zusammen in einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projekt automatisierte Systeme für den maritimen Bereich.
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Torsten Jeinsch
Lehrstuhl Regelungstechnik
Institut für Automatisierungstechnik
Fakultät für Informatik und Elektrotechnik (IEF)
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-7704
torsten.jeinschuni-rostockde
https://www.rt.uni-rostock.de/arbeitsgruppe/